Herculaneum – Die kleine Schwester von Pompeji

Herculaneum – Ercolano auf Italienisch – wurde ebenso wie das viel bekanntere Pompeji 79 n. Chr. vom Vesuv zerstört. Obwohl sich beide Städte in Architektur und Bauweise ähneln, lohnt ein Besuch der Ausgrabungen von Herculaneum dennoch.

Kurioserweise ist Herculaneum trotz seiner größeren Nähe zum Vulkan in seinen Details besser erhalten geblieben. Es liefert daher einzigartige Einblicke in das Leben einer antiken, römischen Kleinstadt.

Die Stadt von Herkules

Sowohl der deutsche als auch der italienische Name der Stadt – Herculaneum bzw. Ercolano – lassen erahnen, wer sich hinter ihrer Gründung verbergen könnte. Laut einer oft zitierten Legende war es kein geringer als der griechische Heros Herkules (Ercole), der 1243 v. Chr. den Grundstein der Stadt am Vesuv legte.
So heroisch diese Geschichte auch anmutet, so ist es dennoch viel wahrscheinlicher, dass Herculaneum von den Etruskern im 5. Jh. v. Chr. gegründet wurde. Im Jahr 90 v. Chr. wurde sie schließlich römisches Municipium (ähnlich wie Velia) bevor der Vesuv sie 79 n. Chr. unter einer ca. 20 Meter hohen Lava-, Asche- und Gesteinsschicht begrub.

Kleines, aber feines Herculaneum

Wer meint, mit Pompeji bereits alles gesehen zu haben, was die römische Antike am Vesuv betrifft, der irrt. Es sind insbesondere sehr gut erhaltene Fresken, Mosaike, Mobiliar und Gegenstände des alltäglichen Lebens, die einen Besuch von Herculaneum lohnenswert machen und welche in dieser Form in Pompeji nicht zu finden sind.

Beide Ausgrabungsstätten ergänzen sich. In Pompeji kann man über das Forum flanieren, die Akustik der antiken Theater testen und Reste alter Tempel bewundern. All dies fehlt in Herculaneum, denn es ist nach wie vor unter den Massen des Vesuvs begraben. Das Problem: Dort, wo sich die öffentlichen Gebäude und Plätze der einstigen Stadt befanden, steht heute die Neustadt von Ercolano. Die Ausgrabungen umfassen daher nur ¼ des antiken Areals, das auf 20 ha geschätzt wird.

Der Besuch von Herculaneum

Die Ausgrabungen von Herculaneum sind rund um das Jahr, täglich ab 08.30 Uhr, geöffnet. Lediglich am 25. Dezember und am 01. Januar bleiben sie geschlossen. Für den Rundgang sollte man ca. 2 Stunden einplanen und an bequeme Schuhe denken.

Möchte man Herculaneum auf eigene Faust entdecken, so findet man am Eingang einen kostenlosen Miniguide mit Informationen zu den wichtigsten Gebäuden. Dieser steht auch als PDF-Download zur Verfügung. Gleiches gilt für die Karte der Ausgrabungen.

Gegen Gebühr erhält man darüber hinaus Audioguides (8 EUR p.P.; 6,50 EUR ab 2 Personen; 5 EUR/ Kind). Vor Ort kann man sich auch einem geführten Rundgang anschließen. Den Preis pro Person und die Zeiten legen die von der Region Kampanien zertifizierten und selbstständig arbeitenden Gästeführer fest. Man trifft sie am Eingang der Ausgrabungen an.

Die Ausgrabungen – Was macht Herculaneum so sehenswert?

Herculaneum kann mit einigen spektakulären, einzigartigen Funden aufwarten. Die Hitze des pyroklastischen Stroms, der über die Stadt fegte, karbonisierte Möbel, Tragwerk, Türen, Fensterrahmen, Stoffe, ja sogar Lebensmittel. Trotz der fast 2000 Jahre, die seit der todbringenden Katastrophe vergangen sind, sind diese Gegenstände für uns, für die Nachwelt, erhalten geblieben. Dies gilt auch für Wandgemälde und Mosaike, die bis in das vorige Jahrhunderte in 20 Metern Tiefe perfekt konserviert lagen.

Das Neptunmosaik

Das Haus mit dem prachtvollen Wandmosaik von Neptun und seiner Gattin Amphitrite dürfte das Lieblingsmotiv vieler Herculaneum-Besucher sein. Inoffiziell gilt es als Symbol der Ausgrabungen. Es besticht vor allem durch seine Farbenpracht und den guten Zustand, in dem es freigelegt wurde. Es vermittelt einen realistischen Eindruck von der Farbintensität, in der viele Villen und öffentliche Gebäude der römischen Ära in Herculaneum einst erstrahlten.

Die Thermen und das antike Holzboot

Obwohl Herculaneum schätzungsweise nur ca. 4000 Einwohner zählte, gab es in der Stadt dennoch zwei Thermen. Die Zentralthermen befanden sich direkt im Stadtgebiet und waren klassischerweise in einen Männer- und einen Frauenbereich unterteilt. Im Umkleidebereich der Frauen ist ein sehr gut erhaltenes Triton-Mosaik zu bewundern.

In den 1980er Jahren wurde bei Ausgrabungen der frühere Strand von Herculaneum entdeckt. Vor dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs lag die Stadt direkt am Meer. Hier wurden u.a. die Vorstadtthermen freigelegt, die sich außerhalb der Stadtmauern befanden. Sie gelten als die am besten erhaltenen Thermen des Altertums.

Unweit der Vorstadtthermen wurde bei den Ausgrabungen ebenfalls ein 9 m langes Boot gefunden, das Wissenschaftler der Flotte Plinius, des Älteren, zuordnen. Es wird vermutet, dass es den Flüchtenden der Katastrophe zu Hilfe eilen wollte und dabei selbst dem Ausbruch des Vesuvs zum Opfer fiel. Diese Annahme wird durch den Fund der menschlichen Überreste von ca. 300 Einwohnern gestützt, die während der Eruption vermutlich von Herculaneum Richtung Meer flohen.

Villa dei Papiri

Die Villa liegt außerhalb der Ausgrabungen von Herculaneum. Hier war bei Ausbruch des Vesuvs eine umfassende Bibliothek untergebracht. Das damals genutzte Papyrus wurde durch die Hitze des pyroklastischen Stroms ebenfalls karbonisiert. Dank moderner Restaurationstechniken konnten die Schriftstücke geöffnet und sogar gelesen werden.

Nach Herculaneum mit dem Auto oder mit dem Zug?

Herculaneum liegt ca. 11 km von Neapel entfernt. Da sich die Ausgrabungen inmitten der Neustadt befinden, kann sich die Parkplatzsuche mitunter schwierig gestalten. Einen offiziellen Parkplatz gibt es nicht. Jedoch befinden sich in der Nähe kostenpflichtige Stellflächen von privaten Anbietern und öffentliche Parkplätze.

Empfehlenswert ist die Anreise aus dem Cilento mit dem Zug. Sie ist bequem, schnell und günstig. Am einfachsten ist es, bis zum Hauptbahnhof Neapel zu fahren und von dort die Circumvesuviana in Richtung Sorrent oder Poggiomarina zu nehmen. Die Haltstelle Ercolano-Scavi befindet sich nur 700 m von den Ausgrabungen entfernt. Die Circumvesuviana hält übrigens nicht nur in Herculaneum, sondern auch in Pompeji.